Johann Friedrich Deinhard gründete 1794 in Koblenz seinen Wein- und Sekthandel und schon nach wenigen Jahren gehörte er zu den führenden Unternehmen seiner Branche. Mitte des 19. Jahrhunderts begannen seine Nachkommen auch an der Mosel in Bernkastel Weinbau zu betreiben und Grundweine für die inzwischen bekannten Riesling Sekte selbst zu erzeugen.
Das Sekt Haus Deinhard genoss internationalen Bekanntheitsgrad, seine Sekte und Weine durften auf keiner Karte, insbesondere in England, USA und Kanada fehlen. In der jungen Bundesrepublik galt Deinhard Sekt als Prestigeprodukt im Vergleich zu anderen Marken und wurde zu allen offiziellen Gelegenheiten auch ausgeschenkt. DEINHARD’s Sekte waren ein Muss auf jeder Getränkekarte. Unvergesslich die Werbekampagnen für die bekannteste Marke – DEINHARD LILA – in Rundfunk und Fernsehen bis in die 90er Jahre.
Das Unternehmen wurde schließlich zum Ende der 90er Jahre verkauft, die Weingüter an der Mosel und im Rheingau bestanden fort. Die traditionsreiche Marke Deinhard, mit seinen Weinbergen seit mehr als 150 Jahren in Bernkastel beheimatet, gab den namentlichen Impuls für das neue entstandene Areal im Zentrum der Altstadt.
Das heutige Konzept des DEINHARD´s ist im Laufe der Zeit entstanden und gewachsen.
Geschichte des historischen Gebäudes, DEINHARD´s, Gestade 12
Im 17. Jahrhundert wurde die deutschen Reichsgebiete in verheerender Weise von einigen europäischen Nachbarn so anhaltend geplündert und zerstört, dass über 2/3 der Bevölkerung diesen Zeitraum nicht überlebten, so auch das Bernkasteler Moseltal, zugehörig dem Kurfürstentum Trier, das nach 10-jähriger Terrorherrschaft der Franzosen und Plünderungen durch die Schweden sich nur langsam wieder entwickelte. Die Kurfürsten förderten nach Kräften die Erneuerung der brach liegenden Weinbaufläche und Landwirtschaft und bauten zerstörte öffentliche Gebäude wieder auf.
Der Kurfürst Karl Kaspar von der Leyen (1618 - 1676) organisierte eine Neuordnung des Steuereinkommens für sein Reich, um dringend notwendige Investitionen in die zerstörte Infrastruktur zu finanzieren. Da das Geldwesen im ländlichen Raum nicht existierte, zahlten Landwirte, Winzer und Handwerker überwiegend in "Naturalien", also in Früchte ihrer Arbeit. Zum Einsammeln der Steuern wurden also geeignete Räumlichkeiten größeren Ausmaßes benötigt.
In den Jahren 1658 bis 1661 ließ er in Bernkastel am Gestade ein für damalige Verhältnisse sehr großes Gebäudeensemble errichten, massiv aus Schiefer, mit Sandsteingewänden, im Stil der Renaissance. Diese sich an der klassischen Antike orientierte Baukunst bevorzugte strenge gerade Linien und da es sich um eine Profangebäude handelte, wurde auf jegliche Ausschmückung verzichtet. Das Hauptgebäude an der Mosel sollte bis zu seiner Zerstörung wenige Tage vor dem Ende des 2. Weltkriegs durch englische Bomber - im Rahmen der systematischen Zerstörung der deutschen Kulturdenkmäler - das größte Haus der Stadt und prägend für das Bild von der Mosel aus bleiben.
Im Hauptgebäude mit dem schönen Blick auf Fluss, das Dorf Kues und Moseltal ließ sich der Kurfürst eine Wohnung einrichten für seine Aufenthalte in Bernkastel, eine 2. Wohnung für den Steuereintreiber, der damals als Vogt und der Berufsbezeichnung Kellner betitelt wurde. Daneben eine Kapelle, in der der Kurfürst morgens seine Messe lesen konnte, Küche, Vorratsräume, ...
In den hinteren Räumen großzügige Weinkeller zur Aufnahme des Steuer-Weins, darüber Tennen für Korn und Getreide, Räume für Handwerksartikel, Ställe für Federvieh, ... dazu 4 große Remisen für Wagen und Pferdeställe mit aufwendigen Rundbögen aus schweren Sandsteinblöcken. Alles in allem ein prächtiger Bau, Repräsentation kurfürstlicher Baukunst und Macht.
Die nur wenige Jahre später (1673) erneute Belagerung der Stadt durch die Franzosen und die endgültige Einnahme der Stadt 1688 hat das Gebäude weitgehendst unbeschadet überstanden, weil dort die Kommandeure der Invasoren sich eingerichtet hatten, während auf Befehl des Königs Louis XIV alle sonstigen Steinhäuser, die Türme und Stadtmauer sowie die Palastburg - Sommerresidenz der Kurfürsten - gesprengt und zerstört wurden.
In den Folgejahrzehnten stand das Gebäude größtenteils leer, die völlig verarmte Bevölkerung war als Steuersubjekte weitgehend unbrauchbar. Die anhaltenden Überfälle der französischen Truppen verhinderten eine wirtschaftliche Erholung und führten zu einer starken Auswanderungswelle, bevorzugt in die heutigen, auf rumänischem Boden befindlichen Gebiete des Banats und Siebenbürgen, und nach Nordamerika, Brasilien und Argentinien.
Der erneute Einmarsch des französischen Heeres unter Napoleon brachte das Ende des Kurfürstentums Trier (um 1800). Napoleon enteignete die Kirche und verkaufte ihre Gebäude und Güter an Privatleute, um mit diesem Geld seine Kriegskasse zu füllen. So auch das Steuerhaus zu Bernkastel, 3 Familien kauft jeweils Teil und nutzen das Gebäude zum Wohnen, Arbeiten und Lagern.
Nach der Niederlage Napoleons unterstellte der Wiener Kongress mit der Restitution des Reiches alle westlichen linksrheinischen Gebiete wie Lothringen, die Mosel mit Hunsrück und Eifel und die heutigen Beneluxstaaten dem Königreich Preußen. Das Steuergebäude des Kurfürsten blieb Privateigentum, bis nach der Zerstörung 1945 die Ruine in die Hand der Kommune überging. Mit Hilfe eines von amerikanischen Stiftungen finanzierten Kulturfonds wurde das Gebäude wieder restauriert und als Weinbauschule mit großen Klassenzimmern und Lehrerwohnungen eingerichtet.
Nach der Verlegung der Schule in neue modernere Gebäude und Jahren des Leerstands wurde es in den Jahren zwischen 2017 und 2020 vollständig umgebaut und zusammen mit 3 weiteren Nachbarhäusern entstand das heutige DEINHARD’s.