Wegerandkapelle Die Kapelle im DEINHARD's
Anmerkungen von Eta Dewies
In dem historischen Verbindungstrakt zwischen Neubau und historischem Baukörper befindet sich unter dem Dach eine Kapelle, die von dem Künstler W. Gies als Gesamt-Kunstwerk konzipiert und realisiert wurde.
Gies ließ sich von dem langgestreckten Raum mit dem offenen Gebälk zur Planung einer „Wegkapelle“ inspirieren. In Erinnerung an die volkstümlichen Bildstöcke am Wegesrand sind in die beiden Giebelwände Darstellungen von Maria und Christophorus eingepasst. Beide sind tief in der Volksgläubigkeit verwurzelt.
Die Bodengestaltung kennzeichnet den Weg mit einem dunkleren Steinbelag. Dieser führt diagonal durch die Länge des Raums von Tür zu Tür und wird von einem zweiten Weg zum Altar hin gekreuzt.
Am Wegesrand in Richtung Altar ist ein Stabkreuz errichtet.
Der Altar wirkt aufgrund seiner vieleckigen Form skulptural in alle Richtungen des Raums hinein. Er wurde bewusst aus einfachem Kistenschichtholz gebaut. Der Künstler hat mit der Bearbeitung der Oberfläche den Farbton des Holzmaterials mit dem des Bodens abgestimmt. Die Maserung zeigt noch diskret Wachstum, Schichtung und erinnert zuweilen an die Wellen und Klangmuster chladnischer Figuren.
Kennzeichnend für den Aufbau des ca. 2,70 m hohen Stabkreuzes ist der Wechsel von konstruktiver und natürlicher Formensprache. Konstruktiv ist die Steinbasis aus sieben Platten des Bodenmaterials, die nach oben hin zulaufend gestuft sind. Darin steht ein vom Künstler geschnitzter, natürlich wirkender Stamm aus Birkenholz. Den Abschluss bildet ein crux quadrata. Auf einer Seite des Kreuzes befindet sich eine gestische Pinselzeichnung in schwarzer Farbe. Schwarz als Farbe des „Zusammengeschmolzen-seins aller Erfahrungen“ bzw. „des Absoluten, das alle Inhalte in sich trägt“ (Max Raphael). Auf der anderen Seite die Pinselzeichnung in gelber Farbe, Gelb als Farbe für den überströmenden freigebigen Ursprung des Lichtes.
Grundlage für die Wandbilder sind Druckgraphiken von Dürers sogenannten Brot - und - Butter – Motiven, eine Marienkrönung von 1518 und der Christophorus von 1501.
Die beiden Holzschnittdrucke wurden zunächst horizontal gespiegelt, so dass sie die (dynamischere) Komposition auf dem Druckstock und nicht die des Abdrucks wiedergeben. Auf Wandbildgröße gebracht, wurden sie per Inkjet auf Leinwand gedruckt und dann von Gies mit Ölfarbe bearbeitet.
Die untere Zone der Marienkrönung ist zugleich Vordergrund und Szenerie eines fröhlichen Treibens in Anspielung an Mantegnas Kinderbacchanal. Ein Frechdachs reißt dem Flötenspieler das Notenblatt aus der Sichtweite. Ein paar der Putti scheinen sich um eine Weinflasche zu balgen. Nur die Kindfigur rechts außen, die einzige ohne Flügel, betrachtet sinnend das kindlich freiheitliche Treiben, Standbein Spielbein, sich auf eine Art Griffel? Stechwerkzeug? stützend. Der Künstler vielleicht?
Die Farbgebung geht auf die ausgelassene, fast beschwipste Heiterkeit ein. Die mittlere Putte präsentiert einen Krug mit den Symbolen Maiglöckchen (Reinheit, Demut, Bescheidenheit) und Akelei (Demut, Lebenskraft, Erlösung, Lobpreis Gottes).
Die obere Zone mit der von Engeln gehaltenen Krone wird in Untersicht gezeigt. Sie wirkt wie ein sich öffnender, geraffter Vorhang, der den Blick auf das Hauptgeschehen lenkt. Die Farbgebung entspricht dem pathetischen Geschehen.
Erstaunlicherweise wird die ansichtige schwarz-weiße, farbig fast unbearbeitete mittlere Zone zum Blickfang. Einleitend steht der Trommler, eine Art Verkündigungsengel. In der Mitte Maria mit dem Kind, das viel lieber von dem Kissen herunter zu der ausgelassenen Kindergesellschaft zu wollen scheint. Die Quitte in Marias Hand ist das Symbol für Liebe, Fruchtbarkeit, Klugheit und Unvergänglichkeit. Rechts bleibt der Blick bei dem Engel hängen, der Weintrauben reicht als Hinweis auf den zukünftigen Leidensweg, Kelter – Tod, Wein und Auferstehung.
Christophorus gilt als einer der Nothelfer und auch als Schutzpatron der Reisenden, Gärtner und Obstbauern.
Auf der gegenüberliegenden Kapellenwand keilt Gies den mächtigen Christophorus regelrecht in die Giebelwand ein. Es ist eine Darstellung des Christophorusthemas von außergewöhnlich starkem Kunstwollen Dürers. Die stark rhythmisierte Ornamentik des Blatts erlaubte Gies mit der Farbe entsprechend frei zu agieren.
Die noch besonnte Abendstimmung einer Flusslandschaft in dem Bild lässt den Betrachter hier in Bernkastel an die Mosel denken.
Die Casel, das Priestergewand wurde ebenfalls von Gies entworfen. Sie zeigt ein Motiv aus der Marienkrönung, die Darreichung der Weintrauben durch einen Engel.